Tier und Mensch – gemeinsame Veranstaltung von Tierärzte- und Psychotherapeutenkammer

Mit der gemeinsamen Fortbildungsveranstaltung "Tier und Mensch" am 21. November 2014 in Frankfurt haben die LTK Hessen und die Psychotherapeutenkammer Hessen ein Experiment gewagt, das in jeder Hinsicht gelungen ist. Dies zeigte sich schon daran, dass die Veranstaltung, die sich an Tierärzte/innen und Psychotherapeuten/innen richtete, frühzeitig ausgebucht war. Die Präsidenten beider Kammern, Dr. Ingo Stammberger und Alfred Krieger, freuten sich, 180 Teilnehmer begrüßen zu dürfen. Die Idee zu dieser gemeinsamen Veranstaltung sei im Bündnis der hessischen Heilberufe "heilen & helfen" entstanden, in dem beide Kammern mitarbeiten. Die Beziehung zwischen Mensch und Tier könne innig, abhängig oder dominant sein, sie sei jedoch immer asymmetrisch und stelle einen bedeutenden Teil der Kulturgeschichte dar. Tiere könnten die Gesundheit fördern und die psychotherapeutische Behandlung unterstützen. Der angemessene Umgang mit dem Tod eines Tieres führe mitunter an die Grenzen und der tierärztliche Anspruch, helfen zu wollen, aber töten zu müssen, könne zu inneren Konflikten führen. Schon diese kurze Darstellung des Verhältnisses zwischen Tier und Mensch zeige die vielen Berührungspunkte zwischen Tiermedizin und Psychotherapie.

Die Mensch-Tier-Beziehung in Geschichte und Gegenwart
Prof. Dr. Dr. Johann Schäffer, Tierärztliche Hochschule Hannover, eröffnete das Vortragsprogramm und nahm das Publikum mit durch mehrere Jahrtausende der Beziehung zwischen Tier - insbesondere Hund - und Mensch und startete mit dem etwa 12.000 Jahre alten archäologischen Fund des Skeletts einer Frau, deren Hand auf dem Schädel eines Hundes liegt. Stationen auf dieser Reise waren u. a. die Tollwut als kulturgeschichtlich wichtigste Seuche, vom Menschen inszenierte Tierkämpfe, gerichtliche Prozesse gegen bissige Tiere noch im 17. Jahrhundert und Hunde als "Kriegshelfer" im Ersten Weltkrieg. Die Mensch-Tier-Beziehung habe im Lauf der Zeit eine grundlegende Veränderung erfahren. Heute erwarte der Tierhalter von Tierärzten eine ständige Verfügbarkeit, eine hohe fachliche Kompetenz und der Tierarzt fungiere mitunter als "Seelentröster in allen Lebenslagen".

Gesundheitsförderliche Mensch-Tier-Beziehungen in Alltag und Therapie
Prof. Dr. Frank Nestmann, Diplom-Psychologe und Mitglied des Senats der Technischen Universität Dresden, hat u. a. zur Wirkung tiergestützter Therapie auf Demenzkranke geforscht. In seinem Vortrag beschrieb er die positiven Effekte von Tieren auf Kinder, die u. a. mehr Empathie, mehr Selbstvertrauen und weniger Ängstlichkeit zeigten. Tiere seien Vermittler von Lebensfreude. Physiologische Wirkungen seien Senkung des Cholesterinspiegels und des Blutdrucks sowie eine gestiegene Überlebenszeit nach Herzinfarkten. Tiere als Helfer in der Psychotherapie könnten "Eisbrecher"-Funktion haben, die soziale Interaktion, Aufmerksamkeit und Motivation steigern sowie Hemmungen und Ängste vermindern. Studien zu therapeutischem Reiten, zur Interaktion mit Hunden sowie auch mit Nutztieren hätten positive Ergebnisse erbracht. Dies treffe zwar nicht für jeden Patienten und jeden Therapeuten zu, was aber für jede Therapie gelte. Leider werde derzeit kaum zur Mensch-Tier-Beziehung in tiergestützter Therapie geforscht. Möglicherweise könne diese Veranstaltung dazu beitragen, dies zu ändern.
Tieren beim Sterben helfen
Einen umfassenden, praxisnahen und sehr einfühlsamen Ein- und Überblick zur Euthanasie von Tieren gab Dr. Henrik Hofmann, praktizierender Tierarzt, Butzbach. Sowohl die ethischen Fragen ("kann ich, darf ich, muss ich?") und rechtlichen Rahmenbedingungen wurden thematisiert als auch ganz praktische Fragen, wie z. B. "Besser in der Praxis oder zu Hause einschläfern?", "Sollen die Kinder dabei sein?", "Was passiert mit dem toten Tier?" Dr. Hofmann beschrieb, dass es nach seiner Erfahrung das Beste für das Tier sei, für den letzten Schritt in der vertrauten Umgebung bleiben zu können und dass es für Kinder wichtig sei, einbezogen zu werden und Abschied nehmen zu können. Er stellte dar, dass die Sterbehilfe für den Tierarzt letztlich auch immer eine Kapitulation sei und dass auch ihm der Abschied von mitunter langjährigen Patienten schwerfalle.

Umgang mit Tod und Trauer bei Tierhaltern
Den letzten Vortrag des Abends hielt Prof. Dr. Alexander Noyon, Diplom-Psychologe und Psychotherapeut an der Hochschule Mannheim. Er ging darauf ein, wie Menschen begleitet werden können, die den Verlust eines Tieres erlebt haben. Grundlegend sei, den Verlust anzuerkennen und nicht abzutun. Ebenfalls wichtig sei, dass der Therapeut zwar klar benenne, dass er den Verlust nicht ersetzen kann, sich aber nicht "wegducke", sondern für den Patienten da sei. Ein Erinnerungsbuch könne dem Patienten helfen, dem gestorbenen Tier einen Platz zuzuweisen. Die Überwindung des Verlusts benötige in erster Linie viel Zeit und Geduld.

Nach den überaus interessanten und hörenswerten Vorträgen beendeten die Präsidenten beider Kammern die Veranstaltung und stellten in Aussicht, weitere Tagungen zu Themen, die beide Berufsgruppen betreffen, zu organisieren. Marion Selig
Mitglied im Vorstand