Hessen 05/01 Resolution der Landestierärztekammer Hessen gegen die Bestandstötung bei einem bestätigten BSE-Fall Aufgrund des ersten nachgewiesenen Falles von BSE bei einem Rind in Hessen wurde eine Teil-Bestandstötung für den Milchviehhalter angeordnet. Die betroffenen Tiere wurden unverzüglich nach Bestätigung der Diagnose am 20.04.2001 euthanasiert. Davon ausgenommen waren lediglich die Tiere, die weniger als 20 Monate im Betrieb gehalten wurden. Insgesamt wurden 64 Kühe getötet. Da mit hoher Wahrscheinlichkeit diesem ersten BSE-Fall weitere in Hessen folgen werden, muss erneut über die Sinnhaftigkeit von Bestandstötungen bei Nachweis von BSE diskutiert und diese in Frage gestellt werden. Bei BSE handelt es sich um eine Einzeltiererkrankung. Es findet hierbei keine Verbreitung im Sinne einer klassischen Tierseuche statt, da es zu keiner Ausscheidung von Erregern kommt. Die horizontale Übertragung von Tier zu Tier oder Mensch ist unbekannt, der Grundsatz der "epidemiologischen Einheiten", wie er bei der Maul- und Klauenseuche (MKS) oder der Europäischen Schweinepest (ESP) gültig ist, ist für BSE nicht anwendbar. Für die Tötung der gesamten Herde oder von Teilen der Herde im Falle des BSE-Nachweises besteht demnach keine wissenschaftliche Notwendigkeit! Bei Würdigung der zugrunde liegenden Fakten gibt es dafür keine fachliche Begründung, es handelt sich vielmehr um eine politisch motivierte Aktion, die keinen erhöhten Schutz des Verbrauchers bewirkt sowie ethisch und tierschutzrechtlich äußerst fragwürdig ist. Die im aktuellen Fall praktizierte Bestandstötung unter Schonung der Tiere, die sich weniger als 20 Monate im Bestand befanden, ist ein erster Schritt in die richtige Richtung. Gleichwohl ist er jedoch fachlich nicht begründbar und letztlich auch nicht geeignet, das Vertrauen der Verbraucher in die Sicherheit tierischer Produkte zurückzugewinnen. In Deutschland (und natürlich in Hessen), wo es nur zu einem sporadischen Auftreten von BSE kommt, ist ein Umdenken hinsichtlich der Bekämpfungsstrategie erforderlich: Die Herdentötung muss ersetzt werden durch die Tötung nur des betroffenen Tieres, bei dem BSE nachgewiesen wurde! Der betroffene Betrieb sollte der amtlichen Überwachung unterliegen, alle zur Schlachtung anstehenden Tiere sollten etwa eine Woche vor dem Transport zum Schlachthof im Stall des Tierhalters dem Klinischen Untersuchungsgang auf BSE nach Prof. Ueli Braun unterzogen werden. Tiere, die Symptome zeigen, können so frühzeitig aus dem normalen Schlachtvorgang herausgenommen und gesondert geschlachtet werden. Auch die Anordnung, Tiere aus Betrieben, in denen ein bestätigter BSE-Fall aufgetreten ist, erst im Alter von über 20 Monaten zu schlachten, wenn post mortem-Tests auf BSE aussagekräftig sind, sollte überdacht werden. Elementarer Bestandteil dieses Vorgehens muss die Erhaltung der Anonymität des betroffenen Tierhalters sein. Die Nennung des Betriebes in der Presse bedeutet für den Landwirt, Tiere, Fleisch und Milch nicht mehr vermarkten zu können. Diese Folgeerscheinungen werden nach wie vor als Begründung für die Herdentötung vorgeschoben. Schließlich muss betont werden, dass die Beschränkung der Tötung von Tieren auf das wissenschaftlich begründbare Maß auch hinsichtlich der tierschutzrechtlichen Frage nach dem "vernünftigen Grund" eine größere Akzeptanz erfährt als es bei der Tötung der gesamten Herde der Fall ist! Die Delegiertenversammlung der Landestierärztekammer Hessen fordert nach eingehender Diskussion auf ihrer Sitzung am 25.04.2001 den Gesetzgeber auf, die Grundlagen zu schaffen für die Tötung lediglich der Rinder, bei denen BSE nachgewiesen worden ist.