Alternativen zur chirurgischen Ferkelkastration

Am 17. Oktober 2018 fand in Mannheim eine gemeinsame Veranstaltung der Landestierärztekammer Baden-Württemberg, weiterer Länderkammern, der Bundestierärztekammer sowie weiterer veterinärmedizinischer Institutionen und Verbände zum Thema "Alternativen zur chirurgischen Ferkelkastration" statt.

Die Referenten der sehr gut besuchten und interessanten Veranstaltung stellten die Problematik der betäubungslosen Ferkelkastration sowie die bekannten Alternativen dar und hoben dabei bislang noch wenig diskutierte Aspekte hervor. So ging Prof. Dr. jur. Jens Bülte (Mannheim) in besonderer Klarheit auf die Verfassungswidrigkeit der von der Regierungskoalition angestrebten Fristverlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration ein. Denn das Staatsziel Tierschutz im Art. 20a Grundgesetz lässt vermeidbare Schmerzen nicht zu. Und zur betäubungslosen Ferkelkastration liegen in der Praxis erprobte Alternativen vor, die bereits jetzt angewendet werden können und durch die Schmerzen vermieden werden können. Daher wäre eine Verlängerung der im Tierschutzgesetz rechtlich verankerten Frist verfassungswidrig.

Neben einer ethischen Bewertung der Alternativen (Prof. Dr. Thomas Blaha, Bakum) sowie der Darstellung physiologischer Hintergründe der Ebermast (Prof. Dr. Volker Stefanski, Stuttgart) wurden von der Vizepräsidentin der LTK Hessen, Prof. Dr. Sabine Tacke (Gießen), und Prof. Dr. Wolf Erhardt (München) eine Bewertung des klassischen betäubungslosen Verfahrens und der Alternativen unter besonderer Berücksichtigung der Lokalanästhesie vorgestellt. Bemerkenswert waren auch die Ausführungen von Inken Bubeck und Annukka Gehring (Rheinstetten) zur Ferkelkastration aus der Sicht des Einzelhandels sowie die Präsentation von Dr. Anke Zankl (Wallhausen) zu praktischen Erfahrungen mit Alternativen zur chirurgischen Kastration.

Als Fazit kann festgehalten werden: Die Verlängerung der im Tierschutzgesetz rechtlich verankerten Frist zur Beendigung der betäubungslosen Ferkelkastration wäre tierschutz- und verfassungswidrig. Die betäubungslose Ferkelkastration kann durch die bekannten Alternativen (Immunokastration, Ebermast, Kastration unter Betäubung) ersetzt werden. Studien belegen, dass der Verbraucher bei entsprechender Kommunikation und Vermittlung der Situation kaum Vorbehalte gegen Fleisch von Schweinen hat, die mit einer der genannten Alternativen gehalten bzw. behandelt wurden. Erforderlich ist allerdings, dass die der Erzeugung nachgelagerten Produktionszweige "mitziehen". Der sogenannte 4. Weg (Kastration unter Lokalanästhesie) stellt keine Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration dar und ist strikt abzulehnen!

Dr. Marion Selig
Mitglied im Vorstand der LTK Hessen

Fotos: LTK Hessen